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Am Firmament bildet der Mond wundersame Lichthöfe.
Vor allem nachts, wenn sein Atelier in Stille und Dunkelheit daliegt, entstehen auf der Leinwand des Künstlers Lutz Bleidorn aus dem Schwarz menschenleere Landschaften. Es sind hoch-sensible Bildräume, Nachtstücke, in dunkler und doch nie düsterer Farbigkeit, die den Betrachter unmittelbar gefangen nehmen. Der 1973 in Rendsburg geborene Künstler kam im Jahr 2003 nach Dresden, wo er an der Hochschule für Bildende Künste Dresden Malerei u.a. bei Prof. Peter Bömmels und Prof. Elke Hopfe studierte. Nach dem Diplom im Jahr 2009 blieb er der Stadt treu, lebt und arbeitet in Dresden, seine Gedanken aber führen ihn immer wieder in seine Heimat zurück und münden in intensiver künstlerischer Auseinandersetzung.
Es ist die Landschaft, der sich Lutz Bleidorn fast ausschließlich widmet. Meist sind es ganz konkrete Orte wie bei den Arbeiten 'Vor der Stadt' (Öl auf Leinwand, 2010) oder 'Im Dezember' (Öl auf Leinwand, 2010), Episoden, real erlebt wie bei 'Vater betrachtet eine Himmelerscheinung'(Öl auf Leinwand, 2009), die der Künstler im Bild einfängt, als wolle er sie auf ewig bannen und so davor bewahren, unwiderruflich zu entrinnen. Nicht selten kehrt ein und derselbe Ort in verschiedenen Darstellungen wieder, muten die Erinnerungen verzerrt und flüchtig an wie Gedankenfetzen, die sich entziehen, bevor sie greifbar werden.
Lutz Bleidorn selbst bezeichnet seine Arbeiten als 'Innere Bilder', die erinnerte Wirklichkeit in Verblendung mit phantastischen Szenerien zeigen. Diese überlagern einander so, dass Realität und Illusion verschwimmen. Surreal erheben sich ferne Berge aus dem Nichts. Am Firmament bildet der Mond wundersame Lichthöfe. Fast wähnt man sich in einem Traum, wird man getragen von einer zarten Poesie, die den Bildern innewohnt. Das nahezu mystisch anmutende Licht, bringt die Farben, die wie im Schwarz verborgen liegen, von hinten zum Leuchten. In allem ist ein Schwingen, begleitet von einer leisen, einer wehmütigen Melodie, die offenbart, dass die Bildwelten Lutz Bleidorns Ausdruck tiefen Sehnens sind. Sie wirken nur auf den ersten Blick in romantischer Manier idealisiert und lassen im Detail Brüche, ja, empfindliche Störungen erkennen. Unwirklich, fast grell erhellt der künstliche Lichtschein menschlicher Siedlungen das natürliche Dunkel. Er durchdringt die Nacht, bricht die Stille. Die Naturlandschaft erscheint zurückgedrängt, droht durch Mensch und Technik zur Staffage zu geraten.
Bezeichnenderweise lässt die Arbeit 'Milchstraße' (Öl auf Leinwand, 2009) vermissen, was ihr Titel suggeriert. Kein Sternenband durchzieht den Nachthimmel, stattdessen fällt fahles Mondlicht auf eine Milchstraße ganz irdischer Natur - einen Waldweg, an dessen Ende schemenhaft ein Milchwagen auszumachen ist. In 'Transall' (Öl auf Leinwand, 2010) reflektiert Lutz Bleidorn Erinnerungen an nächtliche Flüge von Militärflugzeugen über seiner Heimatstadt Rendsburg. Deutlich heben sich die hellen Markierungen eines Fluglageanzeigers, auch künstlicher Horizont genannt, vor der dunklen Landschaft ab. Er dient als technisches Hilfsmittel zur Orientierung und ersetzt den natürlichen Horizont, wo dieser nicht länger sichtbar ist ...
Daniela Günther, Dresden 2010